Verliebt in Farben

Meine Freundin Sabine Oeler arbeitet sehr erfolgreich als Web-Designerin – und hat außerdem dieses unglaubliche Talent, wunderschöne Teppiche zu weben. Das hat sie sogar gelernt: Sabine ist Textildesignerin und ausgebildete Handweberin. Unter ihrem Label Tapisoel fertigt sie farbenprächtige Kaschmir-Teppiche nach eigenen Entwürfen. Ich nehme euch jetzt mit in Sabines Atelier, wo sie uns von ihren beiden Talenten und Leidenschaften erzählt.

Hallo Sabine! Ist es denn schwer, einen Teppich zu weben? Es sieht so leicht aus.

Hallo Despina! Also für mich ist es nicht schwer. ;-) Und ja, es sieht leicht aus: das Garn ist schön dick und griffig, das Schiffchen groß und alles ist etwas robuster – man denkt fast ans Basteln im Kindergarten. Aber es gibt viel zu beachten, damit der Teppich am Ende perfekt aus dem Webstuhl kommt. Die Kettspannung muss stimmen, also die Spannung, mit der die Kettfäden, zwischen denen der Schussfaden dann verwoben wird, aufgezogen werden. Sonst wellt sich der Teppich später oder weist Löcher auf. Der Rand muss sorgfältig gearbeitet werden, damit er schön gerade bleibt. Und die Farbübergänge müssen sauber verbunden werden.

Welche Materialien verwendest du?

Ziegenhaargarn hat es mir angetan. Es ist robust und langlebig und für Teppiche bestens geeignet. Dabei ist es rau und erdig-natürlich. Für die Herstellung der Wolle wird das Deckhaar der Kaschmirziege verwendet. Es ist sehr widerstandsfähig und hat selbstreinigende Eigenschaften. Meine Mutter hat einen Teppich, den ich vor 30 Jahren gewebt habe. Er ist etwas „abgesaugt“, aber liegt immer noch in strahlenden Farben „ordentlich“ und formstabil in ihrer Wohnung.

Du bist auch eine erfolgreiche Web-Designerin. Wie kam es dazu?

Ursprünglich habe ich Textildesign studiert. Meine erste Begegnung mit dem Computer war eher nicht so positiv und ich dachte nur, ich schmeiß das Ding an die Wand. Denn ich war geübt im Umgang mit Lineal, Zeichensachen, Pinsel, Cutter, Papier und Farben. Am Bildschirm zu arbeiten, empfand ich daher als ziemlich umständlich und hinderlich.

Später habe ich Bekanntschaft mit dem Internet und Multimedia gemacht, damals war das alles noch sehr neu. Das hat mich fasziniert. Und weil ich gern Neues lerne, habe ich eine Ausbildung zur Web-Designerin nachgeschoben. Seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen. Webseiten zu erstellen macht mir richtig Spaß, und ich habe mittlerweile so viel Erfahrung mit den unterschiedlichsten Kunden, von der Einzelunternehmerin bis zum großen Konzern. Es ist richtig schön, aus dieser Erfahrung zu schöpfen und mein Wissen weiterzugeben.

Und was gefällt dir am Weben?

Der Umgang mit Garn. Ich liebe es, Wolle zu verarbeiten. Und dann das Kontemplative, Ruhige beim gleichmäßigen Hin- und Herweben. Außerdem macht es mir Spaß, einen Webstuhl fürs Weben vorzubereiten, die vielen Handgriffe und die Vorfreude auf das, was dann entsteht. Das ist fast schon ein Gefühl von Unabhängigkeit und Freiheit: Ich habe alles in der Hand, keine Maschine, ich ganz alleine.

Was inspiriert dich? Wie entstehen deine Ideen?

Alles um mich herum inspiriert mich. Farben, Stimmungen, Interieurs, Kunst. Diese Eindrücke setzen sich dann irgendwie in meinem Gehirn fest und treten ganz unwillkürlich zutage, wenn ich am Skizzenblock sitze. Oder ich lasse mich vom Stil eines Künstlers anregen, den ich mag, z.B. Josef Albers Serie „Formulation : Articulation“. Außerdem schaue ich mich gern bei anderen Kreativen um. Inspirierend und neu finde ich die Arbeiten der Textildesignerinnen Dee Clements und Mae Engelgeer.

Hast du noch einen Tipp, für die Auswahl des richtigen Teppichs für das Zuhause?

Zur Farbwahl habe ich einen Tipp, der für mich naheliegend ist, den aber viele Leute überraschend finden: Unterschiedlich farbige Decken, Tücher oder Badelaken (was sich so zu Hause findet) auf dem Boden ausbreiten – und auf sich wirken lassen. Man sieht dann ziemlich schnell, welche Farbe der Raum verträgt, was gut zum Boden, zum Sofa etc. passt und was einem gefällt. Damit ist man schon mal gut gerüstet für das Aussuchen eines Teppichs.

Gute Ideen, danke! Und: danke auch für deine Einladung. Es hat Spaß gemacht bei dir!